Monatsbilanz des Eigenbetriebes Neue Wege: Leichter Anstieg bei den Zahlen zur Langzeitarbeitslosigkeit

Ein Blick auf die Statistik zur Langzeitarbeitslosigkeit im Kreis Bergstraße zeigt einen leichten Anstieg der Zahlen. Wie der Eigenbetrieb Neue Wege Kreis Bergstraße
-Kommunales Jobcenter– berichtet, sind im Monat März dort 3.950 Personen arbeitslos gemeldet, im Februar waren es 3.921. Eine leichte Erhöhung gibt es auch bei der Zahl der Familien in Grundsicherung. Hier sind im März 6.739 Familien im Arbeitslosengeld II-Bezug statistisch erfasst, im Vormonat waren es 6.706 sogenannte Bedarfsgemeinschaften.
„Der Anstieg der Arbeitslosenzahlen und der Bedarfsgemeinschaften ist jahreszeitlich bedingt – die Zahlen sind auf Grund des anhaltenden frostigen Winterwetters gestiegen und überraschen nicht. Wir sind jedoch optimistisch, dass sich mit der Wetterlage auch die Beschäftigungszahlen verbessern“, teilt Betriebsleiter Stefan Rechmann mit.
Es gibt für den Monat März dennoch positive Zahlen zu vermelden: 73 Arbeitslosen-geld II-Bezieher konnten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im sogenannten 1. Arbeitsmarkt aufnehmen und damit deutlich mehr als im Vormonat; hier waren es 52 Vermittlungen.

Fünf Jahre Erfolgskonzept Einstiegsoffensive: Neue Wege freut sich über gute Vermittlungsarbeit und bundesweites Interesse

Im Jahr 2008 als Pilotprojekt gestartet, feiert das Erfolgskonzept Einstiegsoffensive Anfang des Jahres 2013 fünfjähriges Bestehen. Getreu dem Motto „Ihr Job ist es, Arbeit zu finden – wir unterstützen Sie dabei“ steht das Konzept im Kreis Bergstraße für ein intensives Beratungsangebot und die konsequente Umsetzung des „Work-first“ Ansatzes – die zügige Vermittlung von Erstantragstellern in Arbeit.
Der Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernent Thomas Metz berichtet: „Die
Zahlen derjenigen, die nach Ablauf der achtwöchigen Maßnahme einen Arbeitsplatz gefunden haben, sprechen für sich. Wir erzielen seit Beginn Vermittlungserfolge direkt aus der Einstiegsoffensive von rund 60 Prozent, das Konzept „Hilfe zur Selbsthilfe“ funktioniert. In fünf Jahren Einstiegsoffensive konnten 2.046 Personen in den 1. Arbeitsmarkt sowie in Ausbildungsverhältnisse vermittelt werden – ein tolles Ergebnis.“
Betriebsleiter Stefan Rechmann ergänzt: „Mit der Einstiegsoffensive ist es uns im Kreis Bergstraße gelungen, auf den positiven Erfahrungen der niederländischen Werkakademien aufzubauen. Im Vordergrund unseres Projektes steht die aktive Arbeitssuche jedes Einzelnen. Mit der sofortigen Aktivierung der Neuantragsteller fördern wir die Eigenverantwortung und Eigeninitiative der Leistungsbezieher. Die Kunden kommen, getreu unserem Motto „Ihr Job ist es, Arbeit zu finden – wir unterstützen Sie dabei“ nicht in eine Passivposition. Sie haben die Aufgabe, mit eigener Kraft den Sprung ins Arbeitsleben zu schaffen.“
Mit den internen Einstiegsoffensiven in den Jobcentern Bergstraße, Odenwald, Ried und Viernheim und externen Einstiegsoffensiven in Bensheim, Lorsch, Lautertal und Birkenau ist das Sofortangebot im gesamten Kreisgebiet vertreten. Menschen jeden Alters, die Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben und nicht wegen beispielsweise einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, Vollzeitselbstständigkeit, Ausbildung oder Betreuung von Kleinkindern verhindert sind, werden direkt bei Antragstellung zur Teilnahme an der Einstiegsoffensive verpflichtet. Um schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt zurückkehren zu können, sind die Teilnehmer vier Tage die Woche drei Stunden aktiv auf Jobsuche. An allen Standorten steht ein Gruppenraum mit Computer-Arbeitsplätzen mit Internetzugang zur Verfügung, um auch die Bandbreite von Jobbörsen für Recherchezwecke nutzen zu können. Direktangebote von Arbeitgebern können ebenfalls eingesehen und Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen direkt ausgedruckt werden.

Thomas Metz erklärt: „Dadurch, dass unsere Gruppen altersmäßig gemischt sind, profitieren die Älteren beispielsweise vom Computerwissen der Jüngeren, Berufseinsteiger wiederum greifen auf den Erfahrungsschatz Älterer zurück. Ausschlaggebend für die Vermittlungserfolge ist die enge Verzahnung des offenen Konzepts, mit flankierenden Maßnahmen wie Schuldner- und Suchtberatung sowie Arbeitgeber- und Bewerberservice. So wird eine Betreuung der Jobsucher auch über die acht Wochen hinaus gewährleistet.“
Umfragen unter den Teilnehmern ergeben ebenfalls positive Resonanzen: Die wertschätzende Arbeitsatmosphäre, die gruppendynamischen Prozesse und das offene Konzept des Projektes finden große Zustimmung. Um das Projekt kontinuierlich weiter zu entwickeln und zu verbessern, erfolgen in Kooperation mit den Kunden regelmäßig Evaluierungen. Sollte am Ende des Projektes das Ziel, die Vermittlung in Arbeit, nicht erreicht worden sein, wird zur Abklärung der weiteren Vorgehensweise ein Abschlussgespräch mit dem Coach und dem Fallmanager geführt. Jenen, die nicht vermittelt werden konnten, wird ein Beschäftigungs- bzw. Qualifizierungsangebot in Vollzeit angeboten.
Auch die Projektleiterin Christine Herzberg-Pirih freut sich über fünf erfolgreiche Jahre Einstiegsoffensive: „Unser besonderes Augenmerk gilt von Anfang an der Kundenzufriedenheit. Sie liegt unseren Umfragen zufolge mit 93 Prozent in einem überzeugenden Bereich. Beeindruckend ist auch das große bundesweite Interesse an unserem Work-First Ansatz. Allein in diesem Monat erhielten wir Anfragen interessierter Kommunaler Jobcenter und Gemeinsamen Einrichtungen aus Hessen, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, die sich vor Ort bei uns über unser Erfolgsmodell informieren. Vom Ministerium für Arbeit und Soziales Sachsen-Anhalt in Magdeburg wurden wir ebenfalls gebeten, unsere Einstiegsoffensive anlässlich der nächsten Regionalkonferenz zu präsentieren.“

Der Eigenbetrieb Neue Wege zeigt mit dem Vermittlungskonzept „Einstiegsoffensive“ eindrucksvoll, dass die richtige Balance von Fördern und Fordern zu bemerkenswerten Ergebnissen führt, so der Erste Kreisbeigeordnete Metz. „Unsere Erfolge sprechen für sich und sind ein Beleg dafür, dass unser innovativer und dezentraler Weg der Aktivierung von Langzeitarbeitslosen erfolgreich ist. Ziel des Eigenbetriebes ist es, das gelungene Konzept und die Kontakte zu regionalen Unternehmen weiter auszubauen, um Arbeitslose noch effektiver unterstützen und vermitteln zu können.“

Arbeitsmarkt: Für Langzeitarbeitslose gibt es seit fünf Jahren die „Einstiegsoffensive“

Bergstraße. “Hier fühlt man sich nicht abgestempelt. Man wird gut beraten, motiviert und wieder aufs richtige Gleis gestellt”, sagt der 32-jährige Heppenheimer. Nach zwei Monaten hat er eine Stelle als Mechaniker gefunden – mit Unterstützung der “Einstiegsoffensive” im Jobcenter in Heppenheim.

Damit ist er einer von knapp 1500?Menschen, denen bislang mit diesem Projekt der Sprung (zurück) in den ersten Arbeitsmarkt gelungen ist. Eingeführt im Februar 2008, steht bei der Betreuung von Langzeitarbeitslosen nicht der reine Leistungsbezug, sondern die Aktivierung der Teilnehmer im Vordergrund. Die meisten haben, wenn sie zum ersten Mal ins Jobcenter kommen, bereits ein Jahr der Arbeitslosigkeit hinter sich. Die Einstiegsoffensive soll ihnen dann dabei helfen, möglichst schnell wieder eine Stelle zu finden.

Konkret bedeutet dies: In den mit Computern und Telefonen ausgestatteten Räumen in den Jobcentern werden Stellenanzeigen gesichtet und Bewerbungen geschrieben, es wird telefoniert und recherchiert – alles mit fachkundiger Unterstützung. Sogar ein schickes Hemd fürs seriöse Bewerbungsfoto hängt bereit. Die Teilnehmer verpflichten sich dazu, sich an vier Tagen pro Woche intensiv der Jobsuche zu widmen.

Vor fünf Jahren wurde das Modell im Kreis Bergstraße eingeführt. Heute gibt es in den vier Jobcentern – in Heppenheim, Mörlenbach, Viernheim und Bürstadt – 160 Plätze; weitere 120 werden an vier externen Standorten – Bensheim, Lorsch, Lautertal und Birkenau – von verschiedenen Trägern betreut. 6375 Menschen haben bislang an dem zwei- bis dreimonatigen Projekt teilgenommen, 3378 haben es vollständig absolviert. Rund 60 Prozent davon – 2046 Personen – konnten in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden.

Acht Millionen eingespart

Dies schlägt sich in konkreten Ergebnissen nieder. Seit 2008 ist die Zahl der Bedarfsgemeinschaften im Kreis Bergstraße um mehr als 1000, die Zahl der Langzeitarbeitslosen um mehr als 1200 zurückgegangen. Die entsprechende Arbeitslosenquote sank von 3,9 auf 2,9 Prozent. Damit liegt der Kreis heute noch deutlicher unter dem Landeswert als schon in 2008. Damals betrug der Unterschied 0,7 Prozent, heute sind es 0,92.

Was sich wenig anhört, macht auf dem Konto viel aus: Seit Einführung der Einstiegsoffensive hat der Kreis die Ausgaben für Regelleistungen und Kosten der Unterkunft um acht Millionen Euro reduziert. “Damit kann man sich sehen lassen”, meint Sozialdezernent Thomas Metz. Mit dem sogenannten Optionsmodell ist die Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit Sache des Kreises. “Daher müssen wir innovativer sein als andere, weg von der klassischen Verwaltung”, so Metz. So wurde Ende 2007 die Einstiegsoffensive aus der Taufe gehoben.

In den vier Jobcentern schlägt das Modell jährlich mit insgesamt 500?000 Euro zu Buche. 15 Prozent davon trägt der Kreis, den Rest finanziert der Bund. Die vier externen Standorte werden komplett aus Bundesmitteln bezahlt.

Immerhin drei Viertel der vermittelten Personen sind heute noch in Arbeit. Zudem wird das Modell von den Teilnehmern selbst überwiegend positiv beurteilt – nicht nur von dem Mechaniker, der gestern in Heppenheim von seinen Erfahrungen berichtete, sondern auch von anderen Teilnehmern, wie eine Umfrage zeigt. 93 Prozent sind demnach mit der Einstiegsoffensive zufrieden.

Eine Bilanz nach fünf Jahren, die auch anderen nicht verborgen geblieben ist: Rund 20 Städte und Landkreise aus ganz Deutschland waren bereits an der Bergstraße zu Gast oder luden Projektleiterin Christine Herzberg-Pirih zu sich ein, um sich über das Modell zu informieren und es – teils in eigenen Varianten – zu adaptieren.

Bergsträßer Anzeiger, 22.03.2013

Druck und Hilfe

KREIS BERGSTRASSE.

6375 Langzeitarbeitslose wurden seit der Einrichtung des Programms auf der Suche nach einem Arbeitsplatz begleitet; bei denjenigen, die das acht bis zwölf Wochen laufende Verfahren absolviert haben, liegt die Vermittlungsquote bei 61 Prozent. Damit sei die Langzeitarbeitslosigkeit erheblich wirksamer abgebaut worden als im hessischen Durchschnitt, betonte der Erste Kreisbeigeordnete Thomas Metz (CDU). Im Vergleich zu 2008 habe der Kreis Bergstraße im Vorjahr deshalb fünf Millionen Euro weniger ausgegeben.

Im Vergleich dazu sei die Einstiegsoffensive als „zentrale Maßnahme bei Neue Wege“ (Metz) günstig: 500 000 Euro kostet sie insgesamt; knapp 60 000 Euro muss der Kreis bezahlen.

Dafür gibt es 160 Offensive-Plätze für Arbeitslose in den Jobcentern Heppenheim, Bürstadt, Viernheim und Mörlenbach und noch einmal 120 bei Einrichtungen in Lorsch, Bensheim, Lautertal und Birkenau, die von externen Trägern geführt werden. In jedem Jobcenter kümmern sich vier Fallmanager mit halber Stelle um die „Kunden“, wie es offiziell heißt. In Heppenheim betreuen sie derzeit 141 Arbeitslose. Auf welche Weise, das erklärte Neue-Wege-Geschäftsführer Stefan Rechmann: „Schon am Eingang soll klar sein: Hier geht es darum, Jobs zu finden und nicht Leistungen zu erhalten.“

Gemeinsam surfen die Arbeitslosen nach Jobangeboten, schreiben Bewerbungen, telefonieren und tauschen Erfahrungen aus. Wer sich der Einstiegsoffensive entzieht, dem entzieht Neue Wege die Hartz-IV-Bezüge. Trotz Druck kommt die Hilfe an. Er habe sich „willkommen gefühlt“, sagte ein 31 Jahre alter Mann, der gerade einen Job als Mechaniker gefunden hat.

Starkenburger Echo, 22.03.2013